«Yaroslav Misiak, wie ist es im Gefängnis?»

Ukraine: Yaroslav Misiak ist seit 26 Jahren unschuldig in der Ukraine im Gefängnis. Der Jugendpastor wurde damals fälschlicherweise als Mörder seiner Angehörigen verurteilt, obwohl Kriminelle beteiligt waren. Leider gibt es im ukrainischen Justizsystem keine Möglichkeit, ein Urteil rückgängig zu machen – und er muss bis zum Ende seines Lebens im Gefängnis bleiben, wenn Gott kein Wunder tut. Wir hatten die Chance, mit Yaroslav Kontakt aufzunehmen und konnten ihn direkt fragen: Wie geht es ihm im Gefängnis?

Yaroslav Misiak, arbeiten Sie im Gefängnis?
Die ersten 13 Jahre meiner Haftstrafe verbrachte ich in einem Gefängnis, wo ich in einer Nähfabrik gearbeitet habe – als Näher, aber auch mit Reparaturen der vielen Nähmaschinen. Seit 13 Jahren bin ich zum Glück in einem Gefängnis, das in der Nähe meiner Familie liegt. Dort kann ich aber nicht arbeiten – in diesem Gefängnis gibt es keine Möglichkeit dazu. Ich habe aber die Erlaubnis bekommen, in meiner Zelle an einer Nähmaschine zu arbeiten. Jetzt nähe ich verschiedene Aufträge, aber freiwillig.

Wie geht es Ihnen gesundheitlich?
Gott sei Dank ganz gut. Ich werde so gut wie nie krank. Zum Glück habe ich in diesem Gefängnis die Möglichkeit, regelmässig Sport zu machen – wir dürfen Tischtennis und Fussball spielen. Ich spiele mittlerweile so gut Tischtennis, dass ich auch schon Turniere hier mit den Insassen und Wärtern gewonnen habe.

Wie geht es Ihrer Familie?
Meiner Familie geht es gut – soweit es einem im Krieg gut gehen kann. Meine Mutter Magdalena ist gesundheitlich angeschlagen, aber sie gibt die Hoffnung nicht auf, mich in Freiheit wiederzusehen.

Können Sie Ihre Familie regelmässig sehen?
Einmal im Monat habe ich das Recht auf einen kurzen Besuch von Angehörigen. Etwa für 2 bis 3 Stunden. Alle 2 Monate darf mich jemand bis zu 3 Tage besuchen kommen. Das sind immer sehr wertvolle Zeiten.

Haben Sie Zugang zum Internet?
Theoretisch darf ich ein Handy und das Internet benutzen. Aber in der Praxis ist es doch eingeschränkt. Momentan kann ich das Internet täglich für etwa ein bis 2 Stunden benutzen.

Was gibt es zu Essen im Gefängnis?
In dem Gefängnis, in dem ich momentan bin, habe ich die Möglichkeit, einen Wasserkocher und einen Schnellkocher zu benutzen. Ich und die anderen Männer in meiner Zelle machen uns also unsere eigenen Mahlzeiten – mit den Lebensmitteln, die unsere Verwandten uns schicken. Ich bin sehr froh um diese Option.

Haben Sie Zugang zu Büchern?
Ja, wir haben eine Gefängnisbibliothek. Leider habe ich die meisten Bücher dort schon gelesen. Ich lese gerne historische und theologische Literatur sowie wissenschaftliche Bücher. Jetzt kümmere ich mich ein wenig um die alten Bücher in unserer Bibliothek und schaue, dass sie nicht ganz auseinander fallen. Wir haben auch eine kleine Bibliothek mit christlichen Büchern in unserem Gefängnis. Ich lese jeden Morgen eine Stunde in der Bibel, das gibt mir viel Kraft.

Dürfen Sie Ihren Glauben an Jesus mit anderen teilen?
Die Haftanstalt, in der ich jetzt bin, ist etwas freier als andere. Hier darf ich mit meinen Zellengenossen frei über meinen Glauben sprechen. Ausserdem haben wir eine kleine Gruppe von lebenslänglich verurteilten Straftätern, mit der wir uns regelmässig zum Bibelstudium treffen. Oft ergeben sich aber zufällig Gespräche über das, was mir wichtig ist.

Was gibt Ihnen und Ihrer Familie Kraft?
Meine Familie gibt mir sehr viel Halt. Ihre aufrichtige Liebe und das Vertrauen zueinander stützt mich – und umgekehrt sie auch. Wir wollen einander immer unterstützen.

Die Quelle dieser Liebe ist unser Glauben an Gott. Ich glaube, dass Gott alles, was in unserem Leben geschieht, nicht nur sieht, sondern auch die Kontrolle darüber hat. Er beschützt uns. Und das gibt mir Kraft.

Vielen Dank für Ihre Offenheit!