«Ich war in einem fremden Land gefangen»

Tadschikistan: Ein Land mit hohen Bergen und wenig Geld. Das ärmste Land in Zentralasien. Wegen der schlechten wirtschaftlichen Lage machen sich Frauen wie Männer auf die Suche nach Arbeit in anderen Ländern. Manchmal haben sie dabei Glück und können sich einen gewissen Wohlstand erarbeiten. Aber manchmal führt ihr Weg direkt zu Missbrauch, Prostitution oder Versklavung, so wie bei Nodira.

Nodira* wuchs im Süden Tadschikistans auf. 2016 bewarb sie sich um einen Job in einem arabischsprachigen Land, bei einer Firma, die ihr eine Arbeitsstelle mit kostenloser Unterkunft und Verpflegung versprach. Mit dieser Stelle wollte sie ihrer Familie Geld nach Hause schicken. Nodira und ihr Mann hielten dies für eine gute Gelegenheit. Obwohl Nodira erst kürzlich eine Tochter geboren hatte, liess sie ihr Baby bei ihrer Schwester zurück und machte sich auf den Weg.

Bereits am Tag ihrer Ankunft hatte Nodira ein ungutes Gefühl. Ihr wurde gesagt, dass sie als Hausmädchen arbeiten sollte und sich unter anderem um eine ältere Frau kümmern müsste. Statt des Geldes und der Versprechungen erhielt Nodira von ihrem neuen Arbeitgeber nur verbale und körperliche Misshandlungen. Man nahm ihr das Natel und den Pass weg und machte sie buchstäblich zu einer Sklavin. Die alte Frau und ihre Tochter beschimpften und demütigten sie ständig. Das ging fast drei Jahre lang so. Nodira hatte immerzu Angst wegen der ständigen Drohungen – und sie befürchtete, umgebracht zu werden, wenn sie sich wehren sollte.

Eines Tages wurde Nodira eine lange Treppe hinuntergestossen. Sie wurde bewusstlos, und als sie wieder zu sich kam, befand sie sich mit etlichen Prellungen, einer schweren Gehirnerschütterung und einem komplizierten Armbruch im Spital. Zwei Wochen musste sie im Spital bleiben. Während dieser Zeit traf sie eine Krankenschwester aus Tadschikistan. Nodira schilderte ihr ihre Lage und die junge Frau half ihr, Kontakt mit dem tadschikischen Konsulat aufzunehmen. Endlich wurde ihr geholfen, nach Tadschikistan zurückzukehren.

Der Heimflug war schnell organisiert, aber die Reise zur Heilung war lang und mühsam für Nodira. Kurz nach ihrer Ankunft zu Hause bat sie unsere lokalen Partner um Hilfe. Sie brauchte medizinische und psychologische Unterstützung. Nicht nur von ihren körperlichen Verletzungen musste sie sich erholen, sondern auch vom seelischen Trauma, das sie in den fast drei Jahren ihrer Sklaverei erlitten hatte. Es war ein langer Weg, aber dank professioneller Begleitung, Gebet und praktischer Hilfe geht es ihr heute besser.

*Symbolbild, Name von der Redaktion geändert.