«Ich muss meine Familie versorgen»

Mittlerer Osten: «Ich heisse Amir*. Ich und meine Familie, wir haben Hunger. Die Rebellenkämpfer haben alles verändert. Als sie letztes Jahr an die Macht kamen, gab es in unserer Provinz viele Kämpfe. Die Menschen wollten sich nicht einfach ergeben. Eines Tages fiel eine Bombe auf unser Haus. Es war schrecklich und eigentlich möchte ich gar nicht darüber sprechen. Als ich aufwachte, war ich im Krankenhaus — neben meiner Mutter. Wir waren beide schwer verletzt. Und dann erfuhren wir, dass mein Vater, mein Bruder und meine Schwester es nicht überlebt hatten.

Zwei Wochen später wurden wir entlassen und fuhren zu unserem Haus. Es war nichts mehr davon da. Nur noch verkohlte Ruinen. Wir hatten unser ganzes Hab und Gut verloren sowie unsere halbe Familie. Unser Onkel nahm uns auf; bei ihm war auch meine kleinste Schwester, die zum Zeitpunkt des Bombenangriffs bei ihm auf Besuch gewesen war. Zum Glück war sie verschont geblieben.

Meine Mutter weinte den ganzen Tag. Sie wurde immer dünner und ich machte mir grosse Sorgen um sie. Sie war oft am Grab meines Vaters und meiner Geschwister. Irgendwann beschlossen wir, in die Hauptstadt zu gehen. Es ist eine grosse Stadt, und wir hatten die Hoffnung, dort Arbeit zu finden und ein neues Leben anzufangen.

Leider ist das gar nicht einfach. Wir sind nicht die Einzigen, die dorthin geflohen sind. Es gibt so viele Menschen, die Hunger haben und Arbeit suchen. Früher durfte ich einfach zur Schule gehen und mein Vater verdiente das Geld für unsere Familie. Jetzt ist er nicht mehr da und ich muss meine Mutter versorgen. Jeden Tag gehe ich auf den Markt, wo ich für ein wenig Trinkgeld Lasten trage. Doch ich finde oft nur zwei oder drei Tage pro Woche eine Arbeit und meistens komme ich mit leeren Händen nach Hause.

Ich weiss von eurer Organisation, die wöchentlich Lebensmittelrationen verteilt. Oft komme ich vorbei und stehe an, flehe die Mitarbeiter an, dass sie mir etwas geben. Sie machen das aber ganz geordnet – der Name der Familie wird aufgeschrieben, und irgendwann ist man an der Reihe. Diese Woche war es endlich soweit und ich erhielt ein Lebensmittelpaket. Als unser Name aufgerufen wurde, bekam ich einen Sack Reis und vieles mehr. Das wird uns für den nächsten Monat reichen.

Ich bin so erleichtert – für einmal habe ich keine Angst, dass meine Mutter und meine Schwester nichts zu essen haben. Aber ich muss diesen Monat trotzdem Arbeit finden, dann kann ich für den nächsten Monat Geld sparen. Ich bin sehr, sehr dankbar.»

*Symbolbild, Name von der Redaktion geändert.