«Ich bin der Grossvater vieler»

Mauretanien: Wer sich in seiner Nachbarschaft engagiert, braucht viel Mut. Diesen Mut haben Cheikh* und Leila* in Mauretanien.

Wer durch die Tür Cheikhs und Leilas geht, der übertritt eine Grenze. Draussen ist es staubig und heiss, drinnen liegt kein Staubkorn auf dem Plattenboden. Dort rennen Kinder mit wirren Haaren und trockenen Mündern herum, hier sitzt ein alter Mann und trinkt gelassen Tee. Er heisst Cheikh, er hat erwachsene Töchter und er ist stolz darauf, dass er es zu etwas geschafft hat. Er konnte – trotz Armut und Verzweiflung um ihn herum – ein sicheres Zuhause für seine Familie bauen. Und er sagt ja, als seine Tochter ihn eines Tages fragt, ob er seine Tür auch für andere öffnen möge.

Auf dem Dach ihres Hauses bauen sie. Es ist nicht viel mehr als ein grosses Gitter mit einem Eingang, aber wenn man Tücher und Planen darüber spannt, können dort etwa 30 Menschen im Schatten sitzen. Sie putzen den staubigen Beton des Flachdachs legen alte Teppiche darauf. Nun sitzt in der Ecke ein Kessel Brei. Cheikhs Tochter rührt darin herum. Sie wird den Brei an hungrige Kinder verteilen, wie sie das jede Woche tut. Wir als HMK helfen ihr finanziell dabei.

Eines nach dem anderen huschen die Kinder auf das Dach. Sie verlassen die Strasse, auf der sie Tag für Tag herumirren, immer auf der Suche nach Essen oder Anerkennung. Diese Kinder sind sich selbst überlassen, ihre Eltern können sich nicht um sie kümmern. Selten sind sie satt. Sie dürfen nun die Grenze überschreiten, das Tor zu dem schönen Haus öffnen, und Cheikh begleitet es mit einem Kopfnicken. Er ist für sie wie ein Grossvater.

Leila, seine Frau, verteilt die Tassen voller Brei an die Kinder, die brav dasitzen und auf ihre Portion warten. Sie lächelt ihnen zu wie die Grossmutter, die diese Kinder nicht haben. Cheikh und Leila – sie beide hatten den Mut, über Grenzen zu springen und ihre Tür zu öffnen für die, die eine liebevolle Mahlzeit am dringendsten brauchen.

*Symbolbild, Name von der Redaktion geändert.