Naher Osten: Eine Ehe ist immer eine der wichtigsten Entscheidungen im Leben. Aber für viele Christen im Nahen Osten ist diese Entscheidung mit grossen Schwierigkeiten verbunden. Anders als in Europa gibt es im Nahen Osten oft keine separate zivile und religiöse Trauung. So etwas wie ein Standesamt existiert meistens nicht. Während man in der Schweiz problemlos jemanden aus einer anderen Religion heiraten kann, ist das im Nahen Osten ganz anders: Die Ehe wird vor einem geistlichen Würdenträger geschlossen. Bei Christen ist das der Pfarrer oder Priester, bei Muslimen der Imam. Die Geistlichen dürfen nur Anhänger ihres eigenen Glaubens oder gar ihrer eigenen Denomination trauen: Wollen zum Beispiel zwei Katholiken heiraten, gehen sie zu einem Priester und lassen sich von ihm trauen. Das ist dann offiziell gültig und wird vom Staat anerkannt.
Christen, die aus muslimischen Familien stammen, haben ein Problem: Sie können meist ihre offizielle Religionszugehörigkeit nicht ändern. So werden sie auf dem Papier immer Muslime bleiben. Ein Christ aus einer muslimischen Familie kann nur eine Frau heiraten, die ebenfalls als Muslimin registriert ist. Was macht er also? Entweder heiratet er eine Muslimin und lebt seinen Glauben im Geheimen aus. Oder er heiratet eine Frau, die ebenfalls aus einer muslimischen Familie kommt und zu Jesus gefunden hat. Doch die Anzahl dieser Frauen ist sehr gering und die Partnersuche entsprechend schwierig.
Ihre Kinder können Jesus-Nachfolger nur im Geheimen christlich erziehen, während der gesamte Familienclan sie muslimisch erzieht und prägt. Denn die Kinder sind wie die Eltern ebenfalls als Muslime registriert. Sie müssen islamischen Religionsunterricht in der Schule besuchen und stehen später im Leben vor den gleichen Problemen wie ihre Eltern.
Eine weitere Möglichkeit ist, als muslimischer Mann heimlich eine Frau aus einer offiziell christlichen Familie zu heiraten. Sie müssen zuerst einen Pastor finden, der mitmacht. Dann leben sie vor Gott als Ehepaar zusammen. Vor dem Staat und der Gesellschaft aber sind sie unverheiratet und leben in Ehebruch. Ihre Kinder werden es als unehelich Gezeugte schwer haben. Hinzu kommt, dass ein Muslim zwar eine christliche Frau heiraten darf, aber deren Religion wird danach geändert und auch ihre Kinder werden offiziell Muslime. Zudem trifft dies häufig auf Ressentiments aus der Familie des Mannes. Ähnlich darf eine Muslimin nur einen Christen heiraten, wenn dieser vorher zum Islam konvertiert.
Viele Christen aus muslimischen Familien bleiben ledig – entweder, weil sie niemanden finden, der ihren Glauben teilt, oder weil sie Angst vor all diesen Problemen haben. Manche gehen ins Ausland, um dort zu heiraten, obwohl die Anerkennung in ihrem Heimatland danach nicht immer garantiert ist. Oder sie ziehen komplett ins Ausland, um der ganzen Problematik aus dem Weg zu gehen.
Junge Christen aus muslimischen Familien stehen also vor schwierigen Entscheidungen: Wagen sie eine verbotene Ehe? Sollen ihre Kinder als Muslime aufwachsen? Wollen sie in ihrem Land bleiben und dort ein Zeugnis sein, trotz den vielen Herausforderungen? Oder fangen sie im Ausland neu an?




