Arabische Halbinsel: Die Geschichte von Tahir* trifft auf viele Menschen in Saudi-Arabien zu: Tahir hat wie viele andere Saudi-Araber den Islam satt. Er möchte all die strengen religiösen Regeln und Pflichten nicht mehr befolgen. Ihn begleitet die Frage: «Was bedeutet es wirklich, ein Saudi zu sein?» In ihm erwacht eine Leidenschaft für die Geschichte und Literatur seines Landes – zu der Zeit, bevor der Islam aufkam.
Als in seiner Heimatstadt Ende 2024 ein neues Museum über die christliche Geschichte der Stadt eröffnet wird, ist er begeistert. Tahir denkt: «Um die unsere Kultur wirklich zu begreifen, müssen wir auch unsere vorislamische Geschichte verstehen, bis hin zur Zeit, als wir alle noch Nomaden waren.»
Seine Heimatstadt eine interessante Vergangenheit. In der Region leben jemenitische Stämme, aber heute ist sie Teil Saudi-Arabiens. Der Überlieferung nach war diese Stadt eine der ersten christlichen Städte auf der Arabischen Halbinsel. Doch im Jahr 523 nach Christus wurde sie von einem König erobert, der alle Christen köpfen oder bei lebendigem Leib verbrennen liess. Einer der Märtyrer, der Heilige Arethas (auf Arabisch: Harith bin Ka’b), wird dort seit 1500 Jahren bis heute verehrt. Immer noch werden verbrannte menschliche Knochen aus dieser Zeit ausgegraben.
Der unerschütterliche Glaube dieser frühen christlichen Märtyrer inspiriert Tahir so sehr, dass er sein Leben Jesus anvertraut. In Chatrooms tauscht er sich mit anderen aus, denen es ähnlich ergeht. Zunächst reden sie meistens über historische Fakten. Bald darauf beginnen einige von ihnen, Bibelstellen und Predigten miteinander zu teilen. Tahir wird dadurch in seinem neu entdeckten Glauben ermutigt.
Doch es gibt auch eine Schattenseite: Einige seiner neuen Bekannten aus den Foren verschwinden plötzlich aus dem Netz. Er befürchtet das Schlimmste: Dass der Staat sie mundtot gemacht hat, weil sie zu weit gegangen sind. Ein prominenter saudi-arabischer Influencer, der einst täglich über die christliche Geschichte Saudi-Arabiens postete, ist seit Monaten nicht mehr online und beantwortet Tahirs Nachrichten nicht mehr. Tahir hat Angst, zu offen über seinen neuen Glauben zu reden.
*Symbolbild, Name von der Redaktion geändert




